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Bruno Winzer

* 1912 IN BERLIN
Auf einer minutiös vom MfS vorbereiteten internationalen Pressekonferenz am 8. Juli 1960 berichtet Bruno Winzer (rechts) über die vermeintlichen Angriffspläne der Bundeswehr und der NATO.
Auf einer minutiös vom MfS vorbereiteten internationalen Pressekonferenz am 8. Juli 1960 berichtet Bruno Winzer (rechts) über die vermeintlichen Angriffspläne der Bundeswehr und der NATO.

„DIE MEISTEN PERSONEN, MIT DENEN ER VERKEHRT, ZÄHLEN ZUM POLITISCHEN UNTERGRUND“

Zu dieser Einschätzung über Bruno Winzer kommt das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) 1985. Zum Verdruss des verantwortlichen Stasi-Offiziers heißt es weiter: „Die Liste der vorgeschlagenen Sanktionen wurde vom Gen.[ossen] Minister verworfen. (W.[inzer] kennt zu viele Genossen aus dem MfS und dem Staatsapparat.)“

Bruno Winzer gelingt eine erstaunliche Karriere in der DDR: Er arbeitet für das Fernsehen, bis man ihm nach öffentlichen Tiraden gegen die DDR und führende Funktionäre 1962 kündigt. Er wird freier Autor. Seine zwischenzeitlich von ihm geschiedene Ehefrau kehrt mit den beiden Söhnen 1965 in die Bundesrepublik zurück. Der Erfolg seiner Autobiografie „Soldat in drei Armeen“ bringt Winzer viel Aufmerksamkeit. Doch seine Unzufriedenheit mit der DDR wächst, vom MfS fühlt er sich vernachlässigt. Winzer sucht Kontakt zu westlichen Journalisten und Diplomaten sowie zu Oppositionellen in der DDR. 1978 protestiert er mit seiner neuen Ehefrau auf dem Berliner Alexanderplatz gegen den Kauf von Kriegsspielzeug. Schnell schreitet die Polizei ein.

Ich habe erkannt, daß entgegen allen anderslautenden Beteuerungen das Bundesverteidigungsministerium einen Angriffskrieg vorbereitet.

Das Ehepaar steht nun unter intensiver Beobachtung des MfS. Die Bewacher stellen fest, dass Winzer „sich zu einem Feind entwickelt hat.“ Er darf nicht mehr öffentlich auftreten, steht jedoch weiter unter dem Schutz der Stasi-Spitzen Erich Mielke und Markus Wolf. Das MfS erhöht seine monatlichen Zuwendungen von 2.000 auf 2.800 DDR-Mark, schenkt ihm einen Farbfernseher und versorgt ihn fortan mit westlichen Genussmitteln und Kosmetika. Obwohl der Stasi bekannt ist, dass das Ehepaar nicht zurückkehren will, wird sein Antrag auf eine Reise in die Bundesrepublik Ende 1987 genehmigt. Als besonderen Abschiedsgruß möchte Winzer sein Wohnungsinventar der Ost-Berliner Samaritergemeinde und deren Pfarrer überlassen, dem bekannten Oppositionellen Rainer Eppelmann. Diese Schenkung verhindert das MfS.