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Otto John

* 1909 IN MARBURG †1997 IN INNSBRUCK
Otto John, vermutlich während seines Aufenthaltes in der DDR. Als Widerstandskämpfer und Mitarbeiter in Prozessen gegen NS-Kriegsverbrecher hat John viele Gegner in konservativen und rechtsnationalen Kreisen der Bundesrepublik.
Otto John, vermutlich während seines Aufenthaltes in der DDR. Als Widerstandskämpfer und Mitarbeiter in Prozessen gegen NS-Kriegsverbrecher hat John viele Gegner in konservativen und rechtsnationalen Kreisen der Bundesrepublik.

VERRAT ODER ENTFÜHRUNG?

Otto John gehört zu den Verschwörern des 20. Juli 1944. Nach dem Scheitern des Staatsstreiches gegen Adolf Hitler gelingt ihm die Flucht nach Großbritannien. Auf Drängen der Briten wird John 1950 Präsident des neugeschaffenen Bundesamtes für Verfassungsschutz. Am 22. Juli 1954, kommt es zu einem Paukenschlag, der die junge Bundesrepublik erschüttert: Der Ost-Berliner Rundfunk meldet, dass John zu Gesprächen in die DDR gekommen sei und sich entschieden habe zu bleiben. Er selbst erklärt später, dass er betäubt und entführt worden sei. Nur zum Schein habe er mit seinen Entführern zusammengearbeitet.

Am 11. August 1954 ist Johns erster öffentlicher Auftritt auf einer großangelegten Pressekonferenz in Ost-Berlin. Umgeben von sowjetischer und ostdeutscher Geheimpolizei spielt John die ihm zugedachte Rolle. Mit Blick auf die Bundesrepublik kritisiert er die fortgeschrittene „Restauration der Kräfte, die einst den Nationalsozialismus an die Macht gebracht und getragen haben“. Wenig später wird John in die Sowjetunion geflogen und mehrere Wochen befragt.

Meine Aufgabe war, als patriotische Schaufigur in Veranstaltungen (...) in der Sowjetzone die Illusion der Wiedervereinigung zu verkaufen.

In den Tagen und Wochen nach Johns Ankunft in Ost-Berlin läuft gegen ihn in der Bundesrepublik eine Hetzkampagne. Der Spiegel unterstellt ihm eine dilettantische Amtsführung, homosexuelle Neigungen und einen Hang zum Alkohol.

Als John im Dezember 1955 in die Bundesrepublik zurückkehrt, wird er festgenommen und ein Jahr später zu vier Jahren Haft verurteilt. Nur wenige glauben ihm die Entführung. Bis zu seinem Tod 1997 kämpft Otto John vergeblich um die Aufhebung des Urteils.

IM GOLDENEN KÄFIG

Otto John wird nach seiner Ankunft in der DDR nicht wie ein Gefangener behandelt, weder von den ostdeutschen noch den sowjetischen Behörden. Er ist jedoch ständig von Geheimdienstmitarbeitern umgeben. Materiell fehlt es ihm an nichts. Nach der Befragung in der Sowjetunion wird John Anfang Dezember 1954 in die DDR zurückgebracht. Er arbeitet anschließend für das Deutsche Institut für Zeitgeschichte in Berlin. Ihm wird ein Büro, eine Sekretärin, ein Dienstwagen mit Chauffeur und ein Haus am See in Schmöckwitz zur Verfügung gestellt.

Allerdings sind das Haushälter-Ehepaar, der Fahrer und die ständigen Begleiter Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Im Büro, in seinen Privaträumen und selbst im Auto sind Abhörgeräte eingebaut. Obwohl John rund um die Uhr überwacht wird, gelingt ihm mit Hilfe eines befreundeten Journalisten am 12. Dezember 1955 die Flucht nach West-Berlin. Dort wird er wenige Tage später in Untersuchungshaft genommen. Erst im Juli 1958 kann er das Gefängnis nach Verbüßung von fast zwei Dritteln seiner vierjährigen Haftstrafe verlassen.